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Welterbetag

Eine Ausfahrt mit einem historischen Porsche zum Welterbetag – das ist tatsächlich "lebendiges" Weltkulturerbe", das bedeutet, ein erhaltenswertes Kulturgut einer breiten Öffentlichkeit ins Bewusstsein zu rufen!

Wir starteten mit unseren Wagen in der kulturreichen Bischofsstadt Hildesheim, der Stadt mit Dom und tausendjährigem Rosenstock als Wahrzeichen, der einer Legende nach eng mit der Entstehung von Bistum und Stadt verbunden ist und um das Jahr 815 als wilde Heckenrose gepflanzt wurde.

Unser erstes Etappenziel waren die Faguswerke in Alfeld, die einzige deutsche Schuhleistenfabrik, die von großer, europäischer Bedeutung ist! Das Haupttätigkeitsgebiet der Firma Fagus ist von jeher die traditionelle Herstellung von Schuhleisten. Und nicht nur Lloyd-Schuhe werden mit den hier gefertigten Schuhleisten hergestellt, sondern auch die für namhafte, andere Hersteller. Die Firma wurde im Jahre 1911 an der Hauptstrecke Kassel/Hannover von Carl Benscheidt gegründet.

Vor der Gründung seiner eigenen Firma war er auf der anderen Seite des Bahndamms bei einem anderen Schuhleisten produzierenden Unternehmen beschäftigt. Carl Benscheidt war ein Visionär – er hatte Ideen. An einer Hauptbahnstrecke, die viele Geschäftsreisende nutzten, musste einfach eine moderne Fabrik entstehen und gedeihen können! Seine Fabrik sollte entsprechend günstige Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter bieten und sie musste lichtgeflutet sein. Es sollte auf jeden Fall gewährleistet sein, dass die Arbeitssicherheit erhöht wurde und gute Produkte entstehen konnten. Carl Benscheidt setzte seine Vision mit Tatkraft um.

Er fuhr nach Amerika, suchte Geldgeber, die ihn hierfür bei seinem Vorhaben finanziell unterstützten und benötigte dafür sage und schreibe nur einen einzigen Tag! – Das waren noch Zeiten!

Dem Entstehen eines neuen Unternehmens stand nun nichts mehr im Wege; der Name Fagus ergibt sich im Übrigen aus dem Lateinischen: fagus silvatica – die Rotbuche, dem Holz der Schuhleistenprodukte. Die neue Fabrik sollte auf das Produkt aufmerksam machen, gleichzeitig aber auch die Visionen des Bauherrn und hervorragende Arbeiten eines Architekten beinhalten (heute nennen wir so etwas Marketing). Durch einen Zufall arrangierte der damalige Bürgermeister von Alfeld ein Treffen zwischen dem jungen aufstrebenden Architekten Walter Gropius, der bei Verwandtenbesuch in der Nähe war und dem Visionär Carl Benscheidt. Walter Gropius nahm die Herausforderung an. Es war sein erstes Werk, das er errichtete.

Heute sind die Gebäude der Faguswerke restauriert und im alten Lagergebäude ist ein Museum entstanden, in dem unter anderem auch Möbelstücke von Walter Gropius ausgestellt sind. Die gesamte Fabrikanlage als solche ist erhalten und in betrieblicher Nutzung. Es ist geplant, die Anlage als Weltkulturerbe anerkennen zu lassen.

Wir waren besonders beeindruckt von den originalen Treppenhäusern und von der lichtdurchfluteten Architektur. Die Gebäude und unsere Porsche stellten, trotz des nicht ganz so schönen Wetters, eine malerische Kulisse dar.

Von den Faguswerken ging es weiter zur Marienburg, ein historisches, neogotisches Bauwerk. Unser bekannter Prinz Ernst-August von Hannover und Caroline von Monaco empfingen uns zwar nicht, da der Prinz nicht mehr auf der Marienburg wohnt sondern auf einem Landgestüt in der Nähe, wir erhielten jedoch eine nette Einführung durch die Mitarbeiterin der Marienburg.

Ein ganz besonderer Gesellschaftsraum, der von jedermann für 5.000 €/Tag anmietbar ist, ist der Rittersaal, der in vielen von uns wohl alte Kinderträume von Ritterspielen wachrief.

Auch andere Räume sind auf der Marienburg zu mieten; so z. B. die Kapelle ab 200 €, die für eine Hochzeit eine malerische Kulisse bietet und zu einem unvergesslichen Erlebnis wird.

Die Marienburg scheint völlig kommerzialisiert zu sein. Sie ist aber gut unterhalten und eine Besichtigung lohnt sich in jedem Fall.

Danach ging die Fahrt weiter nach Hildesheim, wo wir am Marktplatz im wieder aufgebauten Knochenhauer Amtshaus einkehrten. Anhand der Stühle auf dem Marktplatz und des geplünderten Kuchenbuffets war festzustellen, dass an diesem Welterbetag viele Menschen unterwegs waren. Alle Stätten, die wir besucht hatten, waren auch von vielen anderen Menschen mit einem Besuch gewürdigt worden. Der Tag klang im Knochenhauer Amtshaus in Ruhe aus. Im Nachhinein gesehen und in Anbetracht der bewegten Massen zum Welterbetag hatten wir einen guten Fahrzyklus gewählt, denn überall kamen wir ohne Anstehen hinein.