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Ein Oberpfälzer in Leipzig: Seit zwei Jahren führt Christian Hartinger den Porsche Club Leipzig als Präsident. Sein Motto: „Der Club muss leben“.


Christian Hartinger ist eine Frohnatur durch und durch, einer von der Sorte Mensch, die sich sagt: „Wenn man eine gute Idee hat, muss man die auch ausleben.“ Vor gut zwei Jahren hatte der Wahl-Leipziger einen solchen Einfall: Er wollte den Porsche Club Leipzig zu neuem Leben erwecken und auf neue Spur bringen. Denn um den 1995 gegründeten Club war es ein wenig ruhig geworden. Also hieß es: Ärmel hochkrempeln und anpacken. „Anschieben“, nennt das Hartinger.

Antreiben, anpacken, anschieben – Attribute, die der 1967 in Weiden in der Nähe von Regensburg geborene Oberpfälzer schon früh verinnerlicht hat. Nach der Wiedervereinigung zog es den reiselustigen Architekten direkt in die neuen Bundesländer, genauer gesagt nach Annaberg-Buchholz im Erzgebirge. Während er sein Architekturbüro in der damaligen „Gründerzeit Ost“ aufbaute, fanden sich zur gleichen Zeit in Leipzig eine Handvoll Club-Enthusiasten rund um das Porsche Zentrum zu einer illustren Runde zusammen. Nun, um es klar auszusprechen: vornehmlich einer Westrunde. Denn Porsche – das war damals Neuland in den neuen Bundesländern. Die Marke gab es zu Zeiten des Eisernen Vorhanges in der damaligen Deutschen Demokratischen Republik nur selten zu sehen. Auch der Porsche Enthusiasmus musste daher erst einmal importiert werden.

 

Neuer Standort sorgt für Aufbruchstimmung

Und er verbreitete sich rasend, als die Porsche AG in den 00er-Jahren einen neuen Standort suchte und die Wahl auf Leipzig fiel. Porsche – das war nun etwas im ostdeutschen Bundesland Sachsen. Auch der Club profitierte in den folgenden Jahren vom neuen Aufbruchsgeist. Im Verlauf der 2010er Jahre zog es einige Clubmitglieder jedoch wieder zurück in den Westen, manch einer suchte neue Perspektiven; eine wertvolle Kerntruppe aber hielt dem Club die Treue, auch wenn sie den freundschaftlichen Austausch einem aktiven Clubleben vorzogen. Kurz: Es wurde stiller im Porsche Club Leipzig.

2015 schließlich zog es Hartinger vom Erzgebirge nach Leipzig. Er hatte seine Frau fürs Leben gefunden und – nun, sie stammte aus Leipzig und schwärmte für Porsche. Und wer sich mit zwei Elfern als Hochzeitsautos das Ja-Wort gibt, für den kommt ein Leben ohne Club kaum in Frage. Also traten Hartinger und seine Frau in den Porsche Club Leipzig ein. Für Hartinger eine Selbstverständlichkeit. Nur – Ruhe, das liegt dem umtriebigen „Macher“ nun gar nicht.


 

Porsche Werk, -Rennstrecke und Zentrum – das kann doch nur Leipzig!

Wie eine wandelnde Mahnung lief er durch den Club und wies immerzu drauf hin: „Wir sind Leipzig! Wir sind eine Porsche Stadt. Der Club muss leben!“ Letzen Endes war es nur eine Frage der Zeit, bis die Bitte an ihn herangetragen wurde, den Club als Präsident zu übernehmen. Doch ein Christian Hartinger hat auch da seine ganz eigenen Vorstellungen: „Wenn ich das mache, wenn ich dem Club neues Leben einhauche, dann müssen wir ihn auch nach außen hin sichtbar machen“, hatte er seinen Kollegen und Kolleginnen gesagt. „Wir sind der einzige Club weltweit mit Porsche Werk, Porsche Rennstrecke und Porsche Zentrum!“ Und der Spruch blieb haften. „Ich habe immer gesagt: Mit so einem Privileg darf man sich nicht verstecken. Daraus muss man was machen.“

Zwei Jahre sind nun vergangen, der Club erlebte einiges an Fluktuation, der Kern blieb bei der Stange, auch einige junge Mitglieder kamen hinzu. Auch weil das Porsche Zentrum unter neuer Führung ganz auf Seiten des Clubs steht. Heute hat der Club rund 50 Mitglieder; regelmäßige Treffen rund um das PZ bereichern den Alltag, einige Mitglieder fahren aktiv im Club Cup Deutschland, Dreh- und Angelpunkt sind die mehrtägigen Jahresausfahrten. Der Club ist aktiv, „back on track“ und feiert nun in voller Blüte sein 25-jähriges Clubbestehen – mit allen bewegten und weniger bewegten Phasen. „Wir sind wieder da, der Porsche Club Leipzig lebt!“

Vor zwei Jahren setzten sich Hartinger und seine Clubfreunde auch zum ersten Mal mit dem Jubiläum auseinander. Klar war: Man muss irgendetwas in der Porsche Stadt Leipzig machen. „Wir lassen den Diamanten brennen“, wie uns Hartinger unmissverständlich zu verstehen gibt. „Da habe ich manchmal ganz flotte Sprüche drauf“, erzählt er schmunzelnd. „Aber mit so einem Motto kommt dann plötzlich eins zum anderen.“ Hartinger wollte das Jubiläum im Porsche Werk feiern. Mehr als das, sein Plan war: „Wir machen eine Party draus.“

Und tatsächlich hätte der Club das Glück gehabt, dass gerade am 17. Mai, genau dem 25-Jährigen also, noch dazu an einem Sonntag, das Werk einen Termin arrangieren konnte. Selten genug in der stets ausgebuchten Werksabholung.

Und natürlich dachte Hartinger gleich in internationalen Dimensionen. Klar, er wisse, als Club sei Leipzig zu unbekannt, um international zu ziehen. Aber Leipzig als Stadt? „Für mich war immer klar: Leipzig zieht. Das liegt einfach an der Kombination Porsche, Porsche Club und Leipzig“, sagt er. „Ich habe überall Werbung gemacht: Clubs, kommt. Aus Deutschland, aus Europa, Porsche Fahrer kommt in unserer Stadt!“ Am Ende hatte er 100 Anmeldungen, seine Kontakte, die er in Portugal beim International Presidents Meeting (IPM) knüpfte, zahlten sich aus. „Mit rund 80 Fahrzeugen und um die 150 Teilnehmern hätten wir eine riesige Party abgezogen. Am Donnerstag hätten wir ein geführtes Fahren auf der Rundstrecke gemacht und ein abendliches Grillen in der Boxengasse. Freitag eine Ausfahrt durch unser Mitteldeutschland mit vielen Kurven und ohne Berge. Und am Samstag hätten wir dann mit einer Werksführung und einer Party im Diamanten geendet.“
 

Christian Hartinger (2.v.l.) im Gespräch mit Vu Nguyen vom PCA (l.).


 

Pandemie trübt Partystimmung

Und dann: Corona. Irgendwann musste Hartinger sagen: „Okay, das war’s“. Für ihn nur eine Frage der Zeit. Doch den Frust musste er erst einmal sacken lassen. Abstand gewinnen. Auch wenn um ihn herum jeder unterstützte: „Komm, lass uns 25 + 1 Jahr Corona-Wartezeit ausrufen. Wir machen das nächstes Jahr.“ Hartinger muss erst einmal selber wieder auftanken, Porsche Luft im Werk schnuppern und ein paar Runden mit dem Porsche drehen. „Wir werden sehen, ich gehöre zu den Leuten, die plötzlich aufstehen und sagen: Auf geht’s, packen wir’s an!. Das wird kommen.“

Als positive Erfahrung nimmt er die ganze Unterstützung mit, die er erfahren hat. „Der Rückhalt durch Mathias Menner und Konrad Walzebuck vom Community Management und der Clubbetreuung. Oder durch Jens Walther aus dem Werk, Lars Krumbholz vom Porsche Zentrum und dann auch von den Mitgliedern; jeder hat damals und auch jetzt gesagt, ja mach, wir sind dabei. Wir unterstützen dich“, berichtet er dankbar.

Ohnehin gilt: „The show must go on“. Im Juli hat er eine Jubiläumsausfahrt für seine Clubmitglieder organisiert. Da geht es für ein paar Tage nach Roding im Bayerischen Wald, bekannt für seine Mission 1.000. Auch die regelmäßigen Treffen zum Kaffee im Porsche Zentrum werden fortgeführt. Und die Rennsportbegeisterten im Club können bereits wieder im Club Cup an den Start gehen.

Das Beste aus der Situation machen, denkt sich Hartinger. Irgendwann wieder die Fäden aufgreifen, die man vor Corona geknüpft hatte. Auch in die USA und zum Porsche Club of America. „Wir hatten Anfang Februar zwei unserer GT3 RS rübergeschickt und waren damit Anfang März auf der Werks Reunion auf Amelia Island. Da ging das ja alles noch.“ Oft denkt er an die Porsche Parade USA in Palm Springs. Dort wollten sie auch dabei sein. „Wenn man weiß, wie viel Arbeit in so einem Event steckt, das tut schon weh.“ Das ganze Jahr wollten die Hartingers in Amerika unterwegs sein, von Porsche Event zu Porsche Event fahren. Den Kontakt hatte ihnen Jens Walther vom Porsche Werk in Leipzig vermittelt, und schnell waren Präsident Tom Gorsuch und Geschäftsführer Vu Nguyen vom PCA begeisterte Fans des Vorhabens.


 

Hartingers „Twins“ machen in den USA Furore

„Ich wollte dort mal das volle Programm einer amerikanischen Veranstaltung erleben. Ich meldete mich einfach für alles an, ich hatte ja keine Ahnung, wie die Amerikaner das machen. Und das ist ja völlig anders, das haben wir schnell gemerkt.“ Auf Amelia Island nahm er am sogenannten „Judge field“ teil. „Woher soll ich wissen, was das ist?“, sagt er und lacht. „Und plötzlich war ich in einer Bewertungsgruppe dabei.“ Natürlich wollten die beiden auch an einem „Concurs d’Elegance“ teilnehmen, obwohl sie wenig Hoffnung auf den Sieg hatten: „Die Autos waren schließlich bis Amelia Island schon 3.500 Kilometer in Florida gefahren“.

Und dann standen die zwei 997 GT3 RS als Pärchen auf Amelia Island im Field. „Den Preis für die weiteste Anreise, den hole ich mir“, dachte sich Hartinger. „Und dann haben wir den Preis in der GT-Klasse für die beste Story bekommen!“ Bei der Werks Reunion wird nicht nur die Schönheit der Autos bewertet, sondern auch dessen Story. „Da war klar: Zwei deutsche Autos mit deutscher Zulassung und zwei deutschen Fahrern in Amerika – das ist natürlich eine absolut tolle Story“, sagt Hartinger. „Und dann hatten wir plötzlich eine blaue Plakette an den Autos und mussten zur Siegerehrung fahren. Das war schon großartig.“

Den Kontakt nach Amerika wird er natürlich nicht abbrechen lassen. Die Autos stehen ja noch drüben. Und die Freundschaften wollen auch gepflegt werden. Gerade aus dem Kontakt mit dem amerikanischen Club hat er viel für sich und seinen Club mitgenommen, berichtet der Leipziger Clubchef. Vom Porsche Juniors Programm des PCA war er so angetan, dass der Porsche Club Leipzig nun seine eigenen kleinen „Diamanties“ hat. Die haben inzwischen am Malwettbewerb des PCA online mitgemacht und einen Preis gewonnen. Und einen eigenen Clubnachmittag haben die Kleinen inzwischen auch. „Gerade der PCA zeigt: Es geht immer noch ein wenig Porsche mehr. Da kann man sich immer noch viel mehr reinleben. Auch wenn bei uns in der Familie Porsche schon die wichtigste Beschäftigung im Leben ist – wir haben einen Porsche im Wohnzimmer stehen, wir haben im Porsche geheiratet, wir fahren in Amerika mit unseren eigenen Fahrzeugen durch die Gegend.“ Jeder seiner internationalen Clubfreunde lebe den Porsche Spirit anders, und jeder sei auf seine Art zufrieden. „Jeder lebt seinen eigenen Porsche Stil“, weiß Hartinger. „Man kann sich da auch einfach für sein eigenes Leben etwas mitnehmen. Und am Schluss sagst du: Es hat sich alles gelohnt, was du gemacht hast. Hätte ich nicht angefangen, den Porsche Club so aktiv zu leben, wäre ich heute nicht Teil dieser internationalen Clubfamilie.“ Heute weiß Hartinger: Egal, wohin ihn die Route führt, überall kann er jemanden von einem Club kontaktieren und bekommt Hilfe oder Tipps. „Weil doch überall alle von uns das gleiche Hobby leben.“

So wie das Ehepaar Lynn und Uli aus Vancouver, das die beiden Hartingers auf der Feier zu 70 Jahre Porsche Sportfahrzeug kennengelernt haben und das mit ihrem GT2 RS von Vancouver nach Miami runterfuhr, um dort mit den Hartingers ein paar schöne Tage zu verbringen. „Der sagte, wenn ihr die beiden GT3 RS tatsächlich nach Amerika rüberbringt, dann bringe ich meinen GT2 RS nach Miami runter und fahre bei euch mit.“ Gesagt, getan. Und die Hartingers boten im Gegenzug an: „Wenn du deinen GT4 in Leipzig abholst, dann machst du bei uns die nächste Club-Jahresausfahrt auch noch mit.“

Ideen, die man ausleben muss. Davon ist Hartinger überzeugt. „Wir sind in der glücklichen Lage, dass wir das leben können. Und dann muss man das auch genießen. Dann muss man das aufsaugen. Auch für Zeiten, die schwieriger sind.“
 

Gesagt, getan: 2 x GT3 RS plus 1 x GT2 RS in Florida.