Porsche 914-6 Club e.V.

Wer hat den 914 wirklich entworfen ?

Übersetzung aus Excellence Magazine

Glauben sie Gugelot hat Porsches ersten massenproduzierten Mittelmotor-Sportwagen entworfen ? Denken sie nochmal nach.

Für fast jeden Betrachter war der 914 im Jahr 1970 für einen Porsche etwas vollkommen Neues. Der Eindruck täuschte nicht: Es war der erste massenproduzierte Porsche mit Mittelmotor,der erste,der nur als offene Version erhältlich war und der erste,der entworfen wurde, um dem heckgetriebenen Hauptmodell der Firma eine weitere Model-Linie hinzuzufügen.

Mit Einführung 1969,war der 914 Porsches drittes komplett neues Produktionsauto.Der Vierzehner wurde als Einstiegsmodell verstanden. Der interim 912,im Wesentlichen ein 911,angetrieben von dem nicht mehr gebauten Vierzylinder des 356,lag im Aussehen und Preis zu nahe am 911.

Heute sehen wir,daß das 914er Design seiner Zeit voraus war - aber 1969 sah es neben den eleganten Fastbacks,für die Porsche bekannt war, fremdartig aus. Das Design bekam bestenfalls lauwarme Beurteilungen. Obwohl Porsche das design des 911 öffentlich F.A."Butzi"Porsche zusprach, blieb es um den Urheber des 914 still.

"Seltsamerweise,obwohl die 60er Jahre eine Periode war,die Automobil-Designer bedeutend machte, schien keiner die Leitung der Gesamtentwicklung des 914 zu beanspruchen" schrieb Jeff Daniels in seinem Buch, Porsche,the Engineering Story.Viele Historiker schrieben Gugelot die Ehre zu,aber sie irrten sich - der Minimal914 war grundsätzlich ein Entwurf im eigenen Hause.

Der 914 entstand aus dem Bedarf zweier Gesellschaften,die untrennbar miteinander verflochten waren: Porsche und VW. Die erste wollte ein neues Modell,war aber nicht in der Lage dafür die Werkzeuge zu bauen, und die andere suchte mit neuen Designs nach Marktlücken.

Mitte der 60er sah die VW Modellpalette altbacken und am Ende angekommen aus.Der Erfolg von BMWs Neuer Klasse, zeigte die Bedeutung des wachsenden Mittelklasse Markts. Nach einer Dekade dauerhaftem Wachstums seit dem 2.Weltkrieg, war Europa gekennzeichnet nach einem Durst für soziale,kulturelle und politische Veränderungen.

Industriell äußerte sich dies in frischen Designs und neuen Materialien von Firmen wie Gugelot Design in Neu-Ulm, die der Welle neuer Konsumgüter attraktive Formen verliehen.Gugelot fand Gefallen am Versuch des Automobil Designs,und seine Fortschritte -die versuchten glasfaserverstärkte Kunststoffteile mit einem GRP Chassis zu verschmelzen- weckten das Interesse einiger Hersteller. Darunter BMW,für die Gugelot ein Konzept für einen zweisitzigen Sportwagen erarbeitete - eine Frontmotor Studie,anscheinend ohne Bezeichnung.

Obwohl BMW schließlich das Gugelot Konzept verwarf ,war es bezeichnend für einen neuen Ansatz des "form follows function" (die Funktion bestimmt die Form) -und brachte Autohersteller dazu über neue Sportwagen nachzudenken.Das war sicherlich bei VW der Fall,wo ein solcher Zweisitzer den in die Jahre gekommenen Karman Ghia ersetzen konnte.

Wie gewöhnlich wandte sich VW an Porsche,die große Teile der Entwurfs-und Konstruktionsarbeiten übernahmen.VW Chef Heinz Nordhoff und Ferry Porsche verband eine enge Beziehung,die bis ins Jahr 1948 zurückreichte,als Nordhoff zur Leitung des VW-Werkes bestimmt wurde,und er versuchte Ferry von der Porsche KG abzuwerben.

Die zwei kamen zu einer Übereinkunft,daß Porsche einen Sportwagen entwerfen sollte,den Karmann bauen würde.Ausgestattet mit dem neuen 1,7 l Motor für den kommenden VW411, sollte der Wagen als VW-Porsche von einer Vertriebsgesellschaft gleichen Namens verkauft werden. Nach ihrer Übereinkunft ,sollte ein Teil der kompletten Karosserien nach Zuffenhausen geliefert werden,um mit dem 911 T Sechszylinder ausgestattet zu werden.Nachdem Karmann bereits Karosserien für den 911 an Porsche lieferte, existierte auch schon die Logistik.Während 914 und 914-6 in Europa als VW-Porsches verkauft werden sollten,würden sie in den USA als Porsches vermarktet werden.

Entwurf und Entwicklung ging an Porsche. Die mechanischen Teile waren bekannt,mit der vorderen Aufhängung und Lenkung aus dem 911.Auch das 5-Gang Getriebe stammte aus dem 911 und wurde für beide Motorversionen verwendet.Scheibenbremsen an allen Rädern,4-Loch Radaufnahmen beim 914-4 und 5-Loch beim 914-6.Während im Innenraum vorhandene Porsche und VW Teile gleichermaßen verwendet wurden,war das Äußere komplett neu.

Heute fällt es schwer ,das Konzept Gugelots mit dem 914 in Verbindung zu bringen - aber es ist leicht zu erkennen, warum es einige in den 70ern taten. Es gibt Ähnlichkeiten,und Ferry hatte sich nach Design Hilfe von außerhalb umgesehen. Nach einem Besuch in den USA 1956, sah er die Bedeutung des Stylings.Bis dato lag dies im Bereich des Konstruktionsbüros von Abteilungsleiter Erwin Komenda, der eigenlich ein Karosserie-Ingenieur war.

1957 bat Ferry Albrecht von Goertz,dessen BMW 507 er bedingungslos bewunderte,einen Porsche zu entwerfen. Ferry gefiel die Zeichnung,die irgendwann zustandekam überhaupt nicht,weil er glaubte ,sie erfülle keine seiner Bedingungen.

Inzwischen hatte Butzi sein Kunststudium in Neu-Ulm beended und arbeitete in Zuffenhausen unter Komenda. Der 901/911 sollte im eigenen Haus gestaltet werden.

Als sich das Design Team in Zuffenhausen 1964 des VW-Porsche Projekts annahm,sahen sie sich verschiedene Konzepte an,unter anderem den Gugelot Sportwagen Entwurf.Dann schlug man einen eigenen Weg ein. Michael von Klodts wegweisende Arbeit "Das großeVW Porsche Buch" stellt fest, Butzi sagte,das Gugelot Design habe"einige Ähnlichkeiten mit dem 914",aber das ist auch Alles.Der Vierzehner würde ein internes Porsche Design.

"Die ersten Skizzen wurden 1964 im Porsche Design Studio gemacht",schreibt von Klodt.Fünf verschiedene Skizzen wurden 1966 für die endgültige Entscheidung ausgewählt.Alle fünf wurden in 1:5 Tonmodelle gewandelt.In einer (friedlichen) Abstimmung entschied man sich für ein Modell,das von Heinrich Klie,dem Leiter des Porsche Studios, entworfen wurde, und der auch den Porsche Formel 1 und den Carrera 6 entworfen hatte.

Klie,der 1953 zu Porsche kam,zeichnete eine Mittelmotor Konstruktion,die wie die Rennautos von Porsche aufgebaut war. Wenngleich Porsche diese Konfiguration in keinem Massenproduktionsauto ausprobiert hatte,so hatte der 904 doch bereits sein Potential für die Straße demonstriert. Außer den Vorteilen beim Handling,konnte ein Mittelmotorauto als kompromissloser Zweisitzer optimiert werden.Die Kofferräume vorn und hinten ergaben ein echtes Tourenauto,mit einem festen Targa Dach,das hübsch im hinteren Kofferraum verstaut werden konnte.Diese Konstruktion würde auch den Einstiegs-914 auf Distanz zum 911 halten.

Optisch unterschied sich Klies Entwurf vom Durchschnittsauto gewaltig durch kurze Überhänge und eine auffällige "in jeder Ecke ein Rad" Erscheinung. Obwohl seine Dachlinie irgendwie an das RS61 Coupe von 1962 erinnert, erwies sich der 914 im Jahr 1969 als bemerkenswert individuell aussehend. Wenn er mit irgendeinem Produktionsauto Ähnlichkeiten hatte,dann mit dem 1966er Mittelmotor-Lotus Europa.

Das weitere Schicksal des 914 ist eine klassische"was wäre wenn"Geschichte,die besonders dem Erfolg des Boxters zugute kam. Leider wurde der 914 von Beginn an vorverurteilt als Zwitter VW und Porsche ,aber dennoch weder VW noch Porsche.Jeder stimmte jedoch in einem überein: Der 914 besaß ein unglaubliches Handling,kluge Gewichtsverteilung und eine bewundernswerte Effektivität.

Das Design war rein funktional: 10cm niedriger und 4cm breiter als ein aktueller 911, zudem war die Gesamtlänge 17cm kürzer,bei einem 17cm längeren Radstand. Der offene 914 mit seinen 6 Querversteifungen und tiefliegenden kastenförmigen Längsträgern,war annähernd gleichwertig dem 911 Coupe,betreffend der struktuellen Festigkeit , und merklich steifer, als der 911 Targa.

Das Fahrwerk war größtenteils vom legendären Porsche Ingenieur Helmuth Bott entwickelt worden,und bewies seinen Wert in LeMans 1970,als es die GT-Wertung gewann,und Sechster im Gesamtklassement und Vierter in der Effizienzwertung wurde. Der 914-6 GT bestätigte dies mit einem 1-2-3 Erfolg beim Marathon de la Route,einem grausamen 86 Stunden Wettbewerb auf dem Nürburgring.

Daß Porsche erkannte,was aus dem 914 hätte werden können ist klar. Zwei 914 Prototypen mit 8 Zylinder Boxer vom 908 wurden gebaut,einer für den Leiter der Rennabteilung Ferdinand Piech,der andere für Ferry Porsche.Pläne, den Achtzylinder in einen Renn-914 einzubauen, wurden nie verwirklicht, dagegen kam der plan zu einem 916 ein bißchen weiter.Gedacht als Antwort auf Ferraris Dino,besaß der 916 ein festes Dach,einen 2,4 oder 2,7 Liter Sechszylinder und eine prächtige Innenausstattung.Der Letzte von elf wurde Anfang 1972 gebaut,das Jahr in dem für den 914-6 der Stecker aus der Dose gezogen wurde.

Einfach gesagt,der 914-6 war aus Porsche Sicht kein wirtschaftlicher Erfolg.Heinz Nordhoff starb bevor der 914 in Produktion ging, und sein Nachfolger,Kurt Lotz,entschied sich,das "gentlemens agreement" zwischen Nordhoff und Ferry nicht anzuerkennen.Das Ergebnis: Karmann berechnete Porsche die gesamten Kosten für jede 914-6 Karosserie.Im Resultat lag der Preis für den 110PS, 2,0 Liter 914-6 zu nah beim 125PS, 2,2 Liter 911 T.

Die Käufer reagierten vorhersehbar.In 3 Jahren baute Porsche nur 3.351 Exemplare des 914-6 (2.658 für 1970,433 für 1971 und 260 für 1972).Der 914-4 verkaufte sich viel besser. Während sieben Modelljahren zwischen 1970 und 1976 fand der 914-4 fast 119.000 Käufer.Der Verkaufshöhepunkt kam 1973,mit 27.660 verkauften Stück.Vergleichen sie diese Zahlen mit dem gut aufgenommenen 928. Während 18 Modelljahren,zwischen 1978 und 1995 verkaufte Porsche 57.998 diese luxuriösen V8 Coupes - mit dem Ein Jahres Höhepunkt 1979 von 5.438 Stück.

Heute,mehr als 4 Jahrzehnte nach seiner irgendwie schleppenden Einführung,ist der 914 weitgehend als Mitglied der Porsche Familie akzeptiert.Obwohl der 356 und der 911 eine viel größere Anhängerschaft hat,ist die 914 Gemeinde absolut genauso glühend. Porsche ist auch immernoch im 914-Geschäft, und unterstützt die Beschaffung aller Ersatzteile,egal ob 914-4 oder 914-6. Man hat mehrere 914er im neuen Porsche Museum ausgestellt und erwägt einen "neuen 914", um die Verkaufszahlen anzukurbeln - hoffentlich einen, der nahe am reinen Design des Originals bleibt.

Was Klie betrifft,so war der 914 der Höhepunkt seiner 20-jährigen Karriere bei Porsche.1966 würde sich als wegweisendes Jahr innerhalb der Porsche Design Abteilung erweisen.Klie zog sich 1966 in seiner Rolle als Porsches Manager für Planung und Koordination zurück und wurde durch Butzi Porsche ersetzt.Im selben Jahr starb Komenda,der seit 1931 Porsches Gestaltung beaufsichtigt hatte. Komenda war zunehmend zurückgedrängt worden und vielleicht spiegelte Butzis Aufstieg de facto die Hierarchie in der Porsche Stilgebung wider.Wieauchimmer,Klie würde nicht länger die Bedeutung haben,die er einst besaß.

Auf Einladung Ferrys,kam 1969 Tony Lapine mit der Empfehlung, Porsche etwas vom GM´s Styling Ruf mitzubringen.Lapine erinnert sich an eine Design Abteilung,.die aus Butzi,Klie,ihm selbst und ein paar anderen bestand.Allmählich bildete er ein Team,warb Wolfgang Möbius und Dick Soderburg von Opel ,sowie Harm Lagaay ,den Ersten einer neuen Hochschul-Generation,die im Styling und Entwurf ausgebildet wurden.

1972 verließ Butzi,zusammen mit seinen Porsche und Piech Cousins den Familienbetrieb,nachdem Ferry entschieden hatte,daß keiner der Familie fähig war die Firma zu leiten.Butzi ging seinen eigenen Weg und gründete Porsche Design,eine Produktdesign Firma in Österreich. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Lapine ein Team von über 25 Leuten,die sich mit so unterschiedlichen Projekten,wie ein Auto für Lada und ein Cockpit für Airbus befassten.Natürlich gab es auch schwierige Porsche Arbeiten,angefangen beim 924 und 928 bis zum 911 G-Modell.

Lapine erinnert sich,daß er nie genau wußte,was er mit Klie machen sollte,der inzwischen der einzige Angestellte war,der schon vor ihm da war."Er war immer gewohnt,die Modellierarbeit von Butzi abzuarbeiten" sagt Lapine. "Ich habe ihn nie an einem Zeichenbrett gesehen.Ich habe oft gefragt,Herr Klie,kann ich ihnen irgendwie helfen? Ich habe nie herausgefunden,warum er immernoch hier war."

Lagaay,damals 25,verstand sofort, daß Klie ein Anachronismus war."Als Lapine kam,war das eine totale Veränderung",sagt Lagaay.Die ganze Styling und Entwurfsarbeit wurde eine eigenständige Abteilung, und kein Ableger der technischen Entwicklung. Mit all diesen Leuten um sich,wirkte Heinrich etwas verloren.Ich glaube er ging nach ein paar Jahren in den Ruhestand.

Klie leistete in seiner Zeit bei Porsche einige wichtige Beiträge,aber offensichtlich war damit zufrieden,sie in aller Stille zu machen.Wolfgang Möbius erinnert sich: "ich hörte er war am Targa Bügel beteiligt und am Design der Fuchs Felge,aber er war in Wirklichkeit ein Modellbauer und kein Stylist.

Klie verstarb 1999 im Alter von 85 Jahren. Einer,der Klie in seiner Rentenzeit kannte, war Norbert Schlüter,ein Mitglied des Westfalen 914 Clubs.

"Ich habe einen 914 jahrelang restauriert,aber letztendlich habe ich aufgegeben und das Auto an einen Kerl in Holland verkauft,weil ich einfach keine Zeit hatte",sagt Schlüter. "Zwei Wochen später war ich zufällig in München und sah eine Anzeige 914 zu verkaufen.Es war kein gewöhnlicher 914, (es war) genau das Auto,das im Porsche Design Studio bis 1974 benutzt wurde und danach von Klie gekauft wurde.Dieser 914 war offensichtlich ein Unikat,mit einer besonderen Instrumententafel.Natürlich mußte ich den haben !"Nachdem er Klies alten 914er im heruntergekommenen aber rettbaren Zustand gekauft hatte,traute sich Schlüter mit seinem Designer und ehemaligen Besitzer zu sprechen.Über seinen 914 Club erfuhr er,daß der ehemalige Porsche Angestellte irgendwo nahe Kassel wohnte. Beim Durcharbeiten aller 20 Klies aus dem Telefonbuch,fand er Heinrich Klie in Göttingen.

Schlüter sagt,Klie war begeistert zu erfahren,daß sein 914 noch da war.Nachdem er keine eigenen Kinder hatte,gab Klie das Auto 1983 seinem Neffen und verlor ihn dann aus den Augen.Unter den Sachen,die Klie Schlüter gab waren 2 Plakate,auf denen er die Autos markiert hatte,an denen er gearbeitet hatte.Außer dem 914,deuten diese Plakate darauf hin,daß Klie am 356 ab 1957 und an allen 911 Varianten bis 1969 beteiligt war .Diese Tabellen sagen ebenso,daß Klie bei mehreren Renn Porsches, inklusive den 550 Spyder,Formel Eins 804 sowie 904 und 906, zumindest mitgearbeitet hat (von Klodt sagt Klies Mitarbeit betraf hauptsächlich das Fahrwerk Design).Klie überreichte dann großzügig das 914-Tonmodell im Maßstab 1:5 aus dem Studio,das er nach seinem Ruhestand von Porsche erhalten hatte.

Schlüter restauriert Klies 914 im Vollmaßstab und hofft ,ihn 2012 wieder auf der Straße zu haben. Es soll zumindest eine passende, stille Anerkennung sein,für einen Mann, dem viele Historiker die verpaßte Marke zuschreiben.